Martina Sturainer de CuetoMartina Sturainer de Cueto ist Gründerin und CEO von Chill n Feel, vormals Mama Ocllo.
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„Die Krise wird einige zum Umdenken bewegen“ Ihre Produkte – fair produzierte Babymode, Kuscheltiere und Stoffpuppen – lässt Martina Sturainer de Cueto aus peruanischer Bio-Baumwolle fertigen. Doch in Peru, wo sich auch die Manufaktur befindet, wurden im Zuge der Coronakrise sofortige Ausgangssperren verhängt. Das hat Folgen, unter anderem für die Produktion der Neuware. Dennoch läuft der Online-Handel in Deutschland und Österreich sehr gut. Im Interview habe ich die Gründerin von Chill n Feel gefragt, wie sie die aktuelle Situation erlebt.
Frau Sturainer, wie geht es Ihnen in Zeiten von Corona?
Irgendwie kann ich das, was gerade passiert, noch nicht richtig begreifen, obwohl ich natürlich ständig damit konfrontiert werde. Schon allein deshalb, weil jetzt meine beiden Kinder zuhause sind und mein Mann im Home-Office arbeitet. Ich war, als die Coronakrise ausgebrochen ist, noch in Peru, dort wurden sofort drastische Maßnahmen ergriffen und eine Ausgangssperre verhängt. Das ist dort viel rigoroser als in Deutschland. Ich bin froh, wieder hier zu sein, auch wenn ich die Stimmung schon recht bedrückend finde. Eigentlich wollten wir jetzt in unserer Manufaktur mit der Produktion der Kuscheltiere und Stoffpuppen beginnen, die wir neu ins Sortiment aufnehmen werden. Doch momentan bekommen wir keine Bio-Baumwolle geliefert, die stammt ja aus Peru. Die Strickerinnen sind alle zuhause im Home-Office. Sie könnten dort arbeiten und wir stehen alle in gutem Kontakt, doch sie sind ausgebremst, weil das Material fehlt. Das heißt, auch Sie kämpfen mit Lieferengpässen? Von den Produkten aus der bestehenden Kollektion und von unseren Bio-Kuscheltieren haben wir genügend auf Lager, da können wir weiterhin ganz normal liefern. Nur könnte sich die Einführung der Neuprodukte verzögern, das hängt davon ab, wie lange die Krise dauert. Wir haben alles vorbereitet, die Fotos sind gemacht und wir könnten jederzeit sofort loslegen, sobald der Startschuss gefallen ist. Das klingt jetzt nicht so dramatisch. Da Sie nur online verkaufen, sind Sie auch nicht unmittelbar von dem Shutdown betroffen wie die vielen Einzelhändler, die ihre Läden schließen mussten. Oder erleben Sie auch im Online-Geschäft Einbrüche? Glücklicherweise kann ich nichts Negatives feststellen – in der ersten Woche des Shutdowns hat man die Unsicherheit schon gemerkt, da kamen etwas weniger Bestellungen als sonst, doch danach hat es sich wieder normalisiert. Wir bekommen jetzt noch mehr Bestellungen aus Österreich. Das war ein Trend, den wir schon vorher sahen, und da denke ich, dass das erhöhte Bestellaufkommen sicherlich mit der Coronakrise zu tun hat. Gerade Tirol ist ja besonders stark davon betroffen. Allerdings ist es auch sonst für die Bevölkerung nicht immer einfach, stationär einzukaufen. In dieser ländlichen Region muss man ziemlich weit fahren, um spezielle Produkte wie Babykleidung zu bekommen, die sich auch für Neurodermitiker eignet – wenn man sie überhaupt bekommt. Da ist es viel einfacher und komfortabler, die Sachen online zu bestellen. Dieses verstärkte Online-Shoppen von Kunden aus ländlichen Regionen und speziell aus Österreich wird sich sicherlich auch nach der Krise fortsetzen. Im Moment sehe ich dies als Chance, noch stärker wahrgenommen zu werden. Ich nutze die Zeit, um unsere Sichtbarkeit im Netz zu erhöhen. Und ich stelle jetzt weniger den Fairtrade- und Bio-Aspekt in den Vordergrund, wie wir das früher gemacht haben, sondern mehr die Hautverträglichkeit und den Wohlfühlcharakter unserer Produkte. Denn offensichtlich nehmen Hautkrankheiten in der Bevölkerung zu, nicht nur bei Babys und Kleinkindern, sondern auch bei Erwachsenen. Und der Versand? Klappt der denn reibungslos und ohne größere Verzögerungen? Bis jetzt funktioniert der Versand sehr gut, die Sendungen kommen zeitnah bei den Kunden an, auch in Österreich. Ich hoffe, das bleibt auch so… durch den Zoll hatten wir kürzlich eine Verzögerung, da blieb eine Sendung hängen, aber das ist, zum Glück, wirklich die Ausnahme. Das sind doch insgesamt positive Nachrichten! Ich selbst versuche, weiterhin positiv zu bleiben und freue mich über jede positive Nachricht. Im Moment überwiegen leider die Panik und der Pessimismus in den Medien – jedenfalls kommt mir das so vor. Da versuche ich gerade, gegenzusteuern… Sehr schön! Natürlich machen sich jetzt viele Menschen große Sorgen. Auch wenn die Krise existenziell ist, so glaube ich doch, dass sie auch einige zum Umdenken bewegen wird, und das ist wieder etwas Positives. Man muss sich doch mal klar machen, wie gut es einem wirklich geht. Das merkt man aber erst, wenn man befürchtet, seine Existenzgrundlage zu verlieren. Ich und meine Generation in Deutschland, wir durften ohne Kriege und größere Katastrophen aufwachsen – wer kann das schon von sich sagen. Vielleicht ist es so, dass jeder Mensch in seinem Leben mal eine Krise miterleben muss, um aufzuwachen und sich weiterzuentwickeln. Ich möchte jetzt keinesfalls etwas schönreden und habe mich bislang sehr damit zurückgehalten, mich zur Coronakrise zu äußern, auch in meinem eigenen Umfeld. Jeder erlebt die Situation aus seiner eigenen Sicht, doch man hat immer die Möglichkeit, etwas zu tun. Man kann sich zum Beispiel fragen, welche Schrauben es gibt, an denen man drehen kann. Für mich ist die SEO-Optimierung etwas, an der ich weiterarbeite. Außerdem möchte ich noch intensiver mit meinen Kunden kommunizieren. Schon jetzt erfahre ich sehr viel über ihre Gründe, bei mir zu kaufen, viele schreiben mir von sich aus und geben Feedback. Aus diesen Rückmeldungen weiß ich eben, dass Hautkrankheiten – und damit verbunden die Suche nach hautverträglicher Baby- und Kinderkleidung – ein ganz wichtiges Thema sind. Von daher ist es für mich klar, dass wir dieses Thema stärker aufgreifen und in der Kundenkommunikation hervorheben müssen. Das zum Beispiel sind meine eigenen Schrauben, und an denen drehe ich weiter. www.chillnfeel.com
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