Harald KleinHarald Klein ist Vertriebs- und Verhandlungstrainer, Coach, Speaker und Experte für die Digitalisierung im Vertrieb.
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„Ich arbeite jetzt an der Firma“ In „normalen Zeiten“ hätte ich den Vertriebstrainer Harald Klein zu einem klassischen Verkaufsthema interviewt. Wie der Preisverhandlung. Oder der Neukundengewinnung. Doch in der Coronakrise läuft ziemlich wenig normal – und das eröffnet auch mir ungeahnte Chancen. Zum Beispiel zu Interviews, die sonst nie in dieser Form stattgefunden hätten.
Herr Klein, wie geht es Ihnen in Zeiten von Corona? Normalerweise wären Sie ja jetzt in Seminaren und Trainings und hätten wahrscheinlich gar nicht die Möglichkeit gehabt, so kurzfristig mit mir zu telefonieren…
Danke, mir geht es gut. Ich bin jetzt natürlich im Home-Office und es läuft alles online und telefonisch. Auch eine interessante Erfahrung. Trotz ausgefallener Trainings und Seminare wird mir nicht langweilig, im Gegenteil: Ich habe richtig viel zu tun, um mich und meine Firma zu digitalisieren. Ich habe bereits einen Online-Shop eingerichtet, auf dem ich meine digitalen Angebote wie Online-Workshops, Online-Coachings, Webinare und andere Weiterbildungstools anbiete. Alles natürlich in kleineren Einheiten als bei Präsenz-Seminaren. Also ein richtiges Online-Learning-Portal. Außerdem interviewe ich einige spannende Kollegen und Partner zu Lösungsansätzen und Hilfestellung in der aktuellen Zeit. Die Videos stelle ich dann auf LinkedIn. Diese Ideen hatte ich schon lange – nur hat mir bislang die Zeit gefehlt, sie umzusetzen. Im Moment arbeite ich also hauptsächlich an und nicht in der Firma. Das fühlt sich gut an. Und Ihre ausgefallenen Seminare vermissen Sie nicht? Das würde ja nichts an der Situation ändern, außer, dass es mir mental schlechter ginge. Vielleicht ist es ganz gut, mal „von außen“ so einen Shutdown verpasst zu bekommen. Jetzt plötzlich kümmert man sich um Dinge, die man jahrelang vor sich hergeschoben hat. Ich war so sehr im operativen Tagesgeschäft gefangen, dass ich tatsächlich keine Zeit hatte, mich um die Weiterentwicklung meiner eigenen Firma zu kümmern. Jetzt kann ich das machen, ohne die vielen Termine, die ich wahrnehmen und vorbereiten muss. Die Seminarreihe „Sales goes Digital“, die ich mit meinem Partner Thomas Barsch veranstalte, haben wir übrigens auch schon digitalisiert. Man kann sie als Ganzes oder einen Teil davon buchen. Dann können Sie jetzt zeigen, ob Sie das, was Sie im Seminar erzählen, auch selbst hinbekommen… Ganz genau. Das ist die Riesenchance. Was vorher Kür war, ist jetzt Pflicht. Was machen Sie jetzt eigentlich mit den Kunden, die Ihre Trainings und Seminare abgesagt haben? Sind Sie mit denen noch in Kontakt oder geht es denen auf die Nerven, wenn Sie da jetzt auch noch hinterhertelefonieren? Natürlich sind jetzt einige Projekte nicht realisiert worden. Hier ist es wichtig, mit den Kunden die Follow-ups abzustimmen. Andere Projekte wurden verschoben, wir finden jedoch immer individuelle und einvernehmliche Lösungen. Bei diesen Kundenkontakten bin ich im Vertrieb jetzt manchmal auch einfach nur der Psychologe, der zuhört. Die meisten anstehenden Projekte konnten wir allerdings im Team auf Online-Lösungen umstellen, die die aktuelle Situation berücksichtigen. Dazu haben meine Kollegen und ich zum Beispiel unsere Verhandlungsthemen auf den Umgang mit Zahlungsausfällen und Auftragsstornierungen umgestellt. Da wir uns die Kompetenz des Verkaufens mit digitalen Tools schon lange vor der aktuellen Zeit angeeignet haben, konnten wir Vertriebs- und Akquise-Themen sofort auf Social Selling umstellen. Hier liegen aktuell die großen Chancen, sich auf die Zeit nach dem Shutdown vorzubereiten. Da sind Sie ja weiterhin voll ausgelastet. Die Decke fällt Ihnen offensichtlich nicht auf den Kopf? Mein Auto steht jetzt schon über zwei Wochen unbenutzt in der Garage. Ich komme überhaupt nicht auf die Idee, irgendwo hinzufahren. Bei der Weiterentwicklung des digitalen Kanals und der Produktion von Content bin ich momentan in einer komfortablen Situation: Meine Tochter und ihr Freund sind beide spezialisiert auf Marketing und Content Creation. Eigentlich wollten sie für sechs Monate verreisen. Weil das im Moment nicht geht, können sie für mich arbeiten: Wir sind sozusagen das „Corona-Content-Management-Team“. Da haben Sie ja wirklich Glück… Ich weiß das auch sehr zu schätzen. Wobei mir die ausgefallenen Seminare schon etwas Sorge bereiten. Denn diesen Umsatz kann man nicht mit ein paar Online-Tools hereinholen. Aber insgesamt sehe ich die Chancen, die sich durch die digitale Weiterentwicklung ergeben. Von daher bin ich gespannt auf das, was noch so alles kommt. Wir wissen nicht, wie lange die Krise wirklich dauert – doch wir haben immer die Chance, das Beste aus der Situation zu machen und uns auf den Re-Start vorzubereiten. Und genau das mache ich jetzt. www.salesinspiration.de |