Arno Fischbacher
Arno Fischbacher ist Wirtschafts-Stimmcoach und Experte für die unbewusste Macht der Stimme in Führung und Vertrieb sowie im Kundenservice.
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Über Stimme und Wirkung
Die Stimme – und damit verbunden, ihre Wirkung – ist veränderbar. Sogar so sehr, dass durch die Art und Weise, wie wir etwas sagen, völlig unterschiedliche Botschaften und Eindrücke entstehen. Arno Fischbacher ist Stimmcoach und trainiert Menschen aus ganz unterschiedlichen Wirtschaftszweigen darin, mithilfe ihrer Stimme eine bewusst herbeigeführte Wirkung hervorzurufen. Warum es dabei um weit mehr geht als „nur“ um die Stimme, hat er mir im Interview verraten. Und auch, warum Menschen sich am Telefon anders verhalten als im Video-Call.
Herr Fischbacher, zuallererst die fast schon obligatorische Frage: Lassen sich Ihre Präsenztrainings und
-coachings durch Video-Calls ersetzen? Oder gibt es da doch Einschränkungen? Ich habe unabhängig von der Krise schon im Herbst 2019 damit begonnen, mich technisch aufzurüsten und mich genau mit diesem Thema zu befassen, denn digitale Meetings und Coachings werden künftig immer wichtiger. In der Vergangenheit sind viele Kunden zu mir nach Salzburg gekommen, manche haben das Coaching mit einem Kurzurlaub verbunden. Jetzt natürlich hat sich das schlagartig verändert und ich werde sicherlich auch noch längere Zeit nur per Video-Call coachen können. Wobei sich Menschen am Bildschirm anders verhalten als im persönlichen Gespräch. Darauf muss ich meine Trainings jetzt abstimmen. Nicht nur, was meine eigene Strategie anbelangt – ich muss Kunden und Klienten auch darin unterstützen, selbst per Video Interviews und Statements zu geben oder etwas am Bildschirm zu verhandeln. Wobei man sich im Video ja sieht – anders als bei einem Telefonat. Es macht einen großen Unterschied, ob ich telefoniere oder mich gegenseitig sehe – sei es am Bildschirm oder im direkten Kontakt. Ich biete ganz bewusst Erst- und Kennenlerngespräche per Telefon an. Denn am Telefon sind die Menschen mehr auf das Thema fokussiert, im Video spielt das Visuelle eine größere Rolle. Ich erlebe es immer wieder, dass die Gesprächspartner am Telefon sehr viel mehr persönliche Dinge von sich erzählen, als im Video-Call. Das schafft eine gewisse Vertrautheit, die ist wichtig für die darauffolgende Zusammenarbeit. Übrigens ist die Telefon-Seelsorge nicht ohne Grund telefonisch – am Telefon können viele Menschen über Dinge reden, über die sie im persönlichen Gespräch mit Blickkontakt nicht sprechen könnten. Es sind Dinge, die die Menschen im Innersten betreffen. Warum lassen sich Kunden stimmlich coachen und trainieren? Oft sind es besondere Herausforderungen, zum Beispiel, wenn jemand sich aufgrund eines Vorfalls kritischen Fragen der Presse stellen muss. Oder wenn jemand generell das Gefühl hat, noch viel ungenutztes Potenzial zu haben, aber selbst nicht weiterkommt. Ich trainiere und coache auch häufig Kollegen, also Trainer und Speaker. Da geht es oft um Spezialfragen. Insgesamt sind es Personen aus der Wirtschaft, die noch weiterkommen wollen. Und das geht über die Stimme? Wenn wir etwas hören, erkennt unser Gehirn erst nach einer Viertelsekunde die Worte aus dem Sprachschall. Dann beginnt das Verstehen, Interpretieren, also dieser ganze kognitive Prozess. Jedoch schon während jener ersten Viertelsekunde entscheiden wir, ob wir jemandem zuhören möchten oder nicht, ob wir ihn sympathisch und glaubwürdig finden und so weiter. Der Ton macht die Musik! Und genau darum geht es: Wenn ich jemanden coache, frage ich immer, welches Ergebnis erwünscht ist. Dann schauen wir gemeinsam, was die bisher eingesetzten Strategien sind, um dieses Ergebnis zu erreichen. Und die ergänzen wir dann um die bislang ungenützte machtvolle Wirkung der Stimme. Wir erarbeiten kluge Vorgehensweisen, um die Stimme zu beeinflussen und zu modulieren. Und welche Mittel sind das? Die Stimme ist nicht naturgegeben, sondern das Ergebnis der Körpersprache. Wenn ich die Körpersprache verändere, zum Beispiel, indem ich mich aufrichte, verändere ich auch meine Stimme und deren Klang. Das kann jeder an sich selbst ausprobieren. Wenn ich zum Beispiel etwas mit Nachdruck sagen möchte, richte ich den Oberkörper auf und senke das Kinn. Solche Dinge werden im Alltag viel zu wenig beachtet. Dann gibt es natürlich Werkzeuge wie Raum, Distanz und Nähe, oder die mentalen Voraussetzungen, mit denen ich arbeiten kann. Und es gibt Sprachmuster – also die Art und Weise, wie ich etwas formuliere. Inwieweit kann man die eigene Stimme tatsächlich so beeinflussen, dass sie genauso klingt, wie man sie haben möchte? Ich kann jetzt nicht einfach hergehen und sagen: „Ich will, dass meine Stimme tiefer klingt“ – das funktioniert nicht sinnvoll mithilfe von Willenskraft. Dieser „gewollte“ Klang wirkt irritierend. Wenn ich will, dass meine Stimme authentisch, angenehm voll, warm und resonant klingt, muss ich wissen, welche kleinen Veränderungen meines Verhaltens zu diesem schönen Resultat führen. Manchmal jedoch will ich mich mit meiner Stimme sofort durchsetzen. Dann ist ein anderer Klang gefragt. Es kommt also darauf an, zu lernen, wann welches Attribut der Stimme nützlich ist. Der Einfachheit halber reduziere ich die vielen möglichen Facetten der Stimme auf die vier wichtigsten Wirkungsmuster. Diese vier Attribute bilden sozusagen ein vierblättriges Kleeblatt. Und die wären? Stark, lebendig und voller Lebenskraft sollte die Stimme etwa zu Beginn eines Vortrags sein. Auch im Gesprächseinstieg ist Dynamik gefragt, denn energielose Stimmen lassen die Gedanken der Zuhörer rasch abschweifen. Sicher und souverän zu sprechen zeigt die innere Zuversicht – jeder hörbare Zeitdruck oder Leistungsstress in der Stimme macht angreifbar. Das dritte Klangattribut der Stimme ist besonders geheimnisvoll, denn unbewusst verrät unser Stimmton, ob wir bereit sind, dem anderen zuzuhören! Ich nenne es das „Empathie-Attribut“ der Stimme. Der Gesprächspartner hört, ob der andere noch bei der Sache ist. Also geht es um so etwas wie Zuhörsignale? Ja genau, das kennen Sie sicher vom Telefonieren, wenn das „mmhm“ am anderen Ende plötzlich so nichtssagend klingt. In heiklen Gesprächen kann das fatale Auswirkungen haben. Dort, wo es um größere Aufträge geht, etwa im Key Account, ist ein erwachsener, empathischer Stimmklang essenziell. Wenn jemand keine Empathie-Signale in der Stimme hat, wird er keinen guten Kontakt zum Kunden finden. Doch künstlich lässt sich das nicht herstellen – jede Empathie bedingt die Bereitschaft zur Selbstreflexion, zur Selbstempathie. Und was wäre das vierte Klangattribut? Das sind die Beziehungssignale. Das kennen Sie sicher auch: Bei manchen Menschen hat man das Gefühl, dass sie sich wirklich für einen interessieren. Und bei anderen ist es so, dass sie uns nur in unserer Funktion oder Rolle ansprechen. Da kann sich gar keine zwischenmenschliche Beziehung aufbauen, das stößt ab. Zum Beispiel bei einem heruntergespulten Call-Center-Anruf… Genau. Wenn die Stimme mechanisch klingt, weiß ich sofort, der Anrufer ist nicht an mir als Mensch mit Wünschen und Vorstellungen interessiert, sondern nur an meinem Geld. Vermutlich werde ich das Gespräch so schnell wie möglich beenden. Was kann man jetzt mit diesen vier „Kleeblättern“ machen? Die entscheidende Frage lautet: Was von diesen vier stimmlichen Wirkungen brauche ich wo? Welches Signal möchte ich geben? Es gibt ja die unterschiedlichsten Situationen: Wenn jemand etwas präsentiert, also vor einem Publikum steht, möchte er mit seinen ersten Worten eine andere Wirkung hervorrufen, als ein Multi-Level-Vertriebler, der kalt anruft, um einen Termin zu vereinbaren. Beim Nennen eines stolzen Preises wird eine andere stimmliche Klangfarbe erwünscht sein als zum Beruhigen eines aufgebrachten Anrufers. Es geht also nicht primär darum, sich eine bestimmte Stimme anzutrainieren – sondern darum, in bestimmten Situationen das gewünschte Ergebnis mithilfe der Stimme zu erreichen. Das Training der Stimme ist die Königsdisziplin der rhetorischen Kunst. Wer gelernt hat, die unbewusste Macht seiner Stimme geschickt zu nutzen, ist klar im Vorteil. Und auf einem wunderbaren Weg zur gelingenden Kommunikation. www.arno-fischbacher.com |