Klaus AngerbauerKlaus Angerbauer ist Verkaufstrainer, Speaker und Autor. 1994 gründete er ANGERBAUER & PARTNER sales performance improvment.
|
Das Comeback des Telefons
Im B2C-Bereich ist sie verboten, im B2B-Bereich gehört sie zur Königsdisziplin: Die telefonische Kaltakquise. Während die einen Verkäufer – eher die Minderheit – geradezu darauf schwören, unternehmen die anderen alles Mögliche, um das Telefon zu umgehen. Gerade bei den unter 40-Jährigen, die mit der digitalen Welt aufgewachsen sind, zeigt sich die Tendenz, sich lieber stundenlang im Netz und in den sozialen Medien aufzuhalten, als zum Telefon zu greifen. Verkaufstrainer Klaus Angerbauer findet das kontraproduktiv. Er hat mit mir darüber gesprochen, warum er fest davon überzeugt ist, dass das Telefon ein Comeback erleben wird – und was es mit vermeintlichen Misserfolgen auf sich hat.
Herr Angerbauer, warum glauben Sie an ein Comeback der Telefonakquise?
Schon seit einigen Jahren werden Entscheider immer seltener von Verkäufern angerufen. Allein dadurch hat sich die Situation entspannt und man hat bessere Chancen, wenn man anruft. Warum das so wenige tun, kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich erlebe ich es immer wieder, dass Unternehmen alle möglichen Anstrengungen unternehmen, um an potenzielle Kunden zu gelangen. Sie kaufen hervorragendes Adressmaterial, perfekt nach Zielkunden selektiert, inklusive Telefonnummer und Durchwahl des Entscheiders. Die Verkäufer müssten nur konsequent alle anrufen, was sie aber nicht tun. Stattdessen probieren sie es lieber über Xing und LinkedIn, was sehr aufwändig ist, vor allem weil man dort sehr engagiert sein muss, um wirklich mal positiv aufzufallen und Interesse zu wecken. Heißt es denn nicht immer, dass die Schriftlichkeit zunimmt und unangekündigte Telefonate zunehmend unerwünscht sind? Warum sollte ein Verkäufer dann anrufen? Weil er am Telefon sofort eine Antwort bekommt. Wer anruft, kann in zwei Minuten herausfinden, ob der Gesprächspartner grundsätzlich interessiert ist oder nicht – und wenn er interessiert ist, kann der Verkäufer in maximal fünf Minuten einen Termin vereinbaren. Sowas bekommt man auf anderem Weg nie hin, das ist viel mehr Aufwand und bei weitem nicht so effektiv. Man kann in einer Stunde 12 bis 30 Kunden anrufen – es ist also überhaupt kein Problem, pro Arbeitstag 50 Akquiseanrufe zu tätigen. Mit Anrufen allein ist es aber nicht getan… Erst einmal geht es tatsächlich nur darum, überhaupt anzurufen, ins Handeln zu kommen. Das trauen sich viele Verkäufer schon gar nicht mehr, aus Angst etwas falsch zu machen und eine Ablehnung zu erfahren. Gerade die jüngeren Verkäufer sind extrem schnell frustriert und haben eine sehr geringere Schmerztoleranz. Ihnen muss man erst einmal beibringen, dass eine Absage am Telefon überhaupt nicht schlimm ist. Auch wenn mehrere negative Reaktionen hintereinander kommen, ist das kein Grund, aufzuhören. Jüngere, mit der Digitalisierung aufgewachsene Verkäufer sind viel zu sehr auf den Erfolg fixiert. Doch ich kann nicht erwarten, dass ich sofort einen Interessenten in der Leitung habe, der ohnehin gerade einen Lieferanten sucht. Deshalb sage ich Verkäufern immer: Es geht nicht darum, ans Ziel zu kommen. Es geht erst einmal nur darum, zu telefonieren. Der Erfolg ist nicht das Ziel, sondern das Ergebnis. Ist die Fixierung auf den Erfolg der Grund, warum so viele Verkäufer ein Problem mit dem Telefonieren haben? Es geht um die grundsätzliche Einstellung, das Mindset. Wenn ich Angst vor Ablehnung habe, dann verhalte ich mich auch so. Man hört Verkäufern ihre Unsicherheit an, die Stimme wird leiser, stark moduliert, sie klingt sehr unterwürfig und die Formulierungen wirken unsicher: Konjunktive wie „könnte“, „hätte“, würde“, verbunden mit vielen „Ähms“ – da wird jeder schnell abgewimmelt. Deshalb arbeite ich mit Verkäufern daran, erst einmal auf Augenhöhe zu kommen. Egal, wen ich anrufe und auf welcher Hierarchiestufe meine Zielperson ist – und sie ist in aller Regel hierarchisch höher gestellt als ein Verkäufer – ich muss so mit ihr kommunizieren, dass mich der Gesprächspartner als ebenbürtig wahrnimmt. Das heißt? Je höher eine Person in der Hierarchie steht, umso chefmäßiger wird der Auftritt. Die Kommunikation wird kürzer, direkter, bestimmter – alles ist sehr zielgerichtet. Wenn ich so jemanden anrufe bzw. mit der Sekretärin spreche, muss ich ganz genauso sprechen: ganz direkt sagen, was Sache ist, mit einem sehr bestimmten Tonfall, ohne Modulation und ohne irgendwelches Herumgerede. Zum Beispiel? Ich nenne den Firmennamen, mache eine kleine Pause, nenne meinen eigenen Namen und sage: „Verbinden Sie mich bitte mit Lothar Meier.“ Wenn das nicht sitzt und nicht überzeugend rüberkommt, werde ich sofort abgewiesen. Die kleine Pause ist ganz wichtig, denn viele Verkäufer sprechen zu schnell, man hört ihnen ihre Unsicherheit an. Womit jeder Verkäufer rechnen muss, ist die typische Frage: „Worum geht es?“. Da brauche ich einen überzeugenden, bestimmten Satz, den ich mir vorher überlegt habe und der wie aus der Pistole geschossen kommt. Zum Beispiel: „Es geht um die Einführung der Maschine BX125 in Ihrer Produktion.“ Klingt das nicht stereotyp und auswändig gelernt? Wenn es so klingt, habe ich etwas gesagt, von dem ich selbst nicht überzeugt bin und es einfach heruntergespult. Ich muss mir also gut überlegen, was ich sage und wie ich es sage und es immer wieder trainieren, bis der Satz in Fleisch und Blut übergegangen ist. Ich habe es schon oft erlebt, dass sich die Überzeugungskraft und der Auftritt eines Verkäufers sofort verbessern, sobald er diese Methode konsequent anwendet. Wie geht es weiter, wenn ich den Entscheider am Telefon habe? Dann bleibe ich natürlich ebenso knapp und pragmatisch. „Darf ich gleich zum Punkt kommen?“ ist eine Frage, die immer bejaht wird. Dann kann ich wieder meinen trainierten Interessewecker sagen, verknüpft mit einem zu erwartenden Resultat: „Es geht um die Einführung der Maschine BX125 in Ihrer Produktion: Damit konnten andere Unternehmen zwischen 30 und 60 Prozent mehr Ausstoß erzielen.“ Bekundet der Gesprächspartner grundsätzliches Interesse, steuere ich auf einen Termin zu. Manche Verkäufer versuchen dann schon, am Telefon zu verkaufen und gehen in die Argumentation. Das darf nicht passieren. Stattdessen stelle ich eine Alternativfrage: „Wann passt es Ihnen besser, nächste Woche Dienstag oder Freitag?“ und beende das Gespräch mit einer verbindlichen Vereinbarung. www.angerbauer-verkaufstraining.com |